3.4.7.1 c / ç / s / x => s


Warum es für das schlichte stimmlose s wie in Wurst und Durst vier Grapheme gibt, muss man nicht verstehen. Wahrscheinlich war die Verschriftung schon da, ç war ursprünglich sowas wie das spanische z, und anschließend hat sich Aussprache verändert (port. açucar <=> sp. azúcar (Zucker), port. troço <=> sp.trozo (Stück), port. descalço <=> sp. descalzo (barfuß). Das Graphem wurde erhalten, aber die Unterscheidung, die das Graphem gemacht hat, ist verschwunden. (Die gleiche Situation haben wir ja auch im südamerikanischen Spanisch. Man schreibt nach wie vor azucar spricht aber /asukar/. Wobei das im Spanischen nicht so absurd ist, weil auf der iberischen Halbinsel ja noch unterschieden wird.)

Beim c war schon die Aussprache im Lateinischen schwankend, Kikero oder Cicero. Irgendwann wurde dann der heroische Entschluss gefasst, c nur noch vor a, u, o als k auszusprechen, die Schreibweise hat man erhalten. Nach i bzw. e wurde es irgendwann, über ein paar Zwischenschritte, wie s ausgesprochen.

Verstehen allerdings muss man, wann c wie ein stimmloses s ausgesprochen wird und wann wie ein k. Vor i und e wird c wie ein stimmloses s ausgesprochen, vor a, o, u allerdings wie ein k.

Die auf dem Kopf stehende Sichel bei ç heißt cedilha. Die kennen wir noch aus dem Französischunterricht, da heißt sie cedille.

Das Teil verdanken wir den Westgoten, die hatten ein z, das so aussah und daraus hat sich dann das c mit Cedille entwickelt. Die cedilla ist eigentlich ein kleines z, illa ein Diminutiv. Bei den Westgoten in Spanien machte das auch durchaus Sinn, denn es gab dort tatsächlich einen dazugehörigen Laut, nämlich das Spanische ceta, ein Laut so ähnlich wie das Englische th. In Spanien hat sich der Laut auch erhalten, wurde aber durch eine Reform im Jahre 1815 durch z ersetzt. Im Portugiesischen und Französischen wiederum ist aus dem z Laut ein schlichtes s geworden, aber den Buchstaben hat man erhalten. Die cedille braucht man also nur, wenn nach de c ein a, o, u folgt und dieses als s ausgesprochen werden soll, denn andernfalls wäre das s ein k. Anstatt braço (Arm) schlicht braso zu schreiben, wäre zwar rational, aber lange nicht so hübsch.


Ähnliches gilt für das x. X ist im Spanischen ks, éxito wird /eksito/ gesprochen. Das k hat sich dann aber im Portugiesischen irgendwann verabschiedet, die Schreibweise allerdings ist geblieben. (Also nur für den Fall, dass es irgendjemandem schlaflose Nächte bereitet.) Was lernen wir daraus? Traditionen sind dazu da gebrochen zu werden. Was lange richtig und vernünftig war, kann ziemlich unvernünftig werden und dann sollte man das neu durchdenken.

(Was aber nie passiert. Der Autor ist kein Anhänger von Karl Marx, wirklich nicht, er hat darüber auch mal ein dickes Buch geschrieben, www.economics-reloaded.de. Aber in einem hat er Recht: Die Tradition der vergangenen Generationen lastet wie ein Alp auf den Gehirnen der Lebenden. Wirklich: Traditionen haben nur einen Zweck. Sie sind dazu dazu, gebrochen zu werden oder mit Goethe: Und das Geschaffene umzuschaffen, damit sich nicht zum Starren waffne.)

Zusammenfassung

1) Vor i und e wird c wie s gesprochen. Vor a, o, u wird c aber wie k gesprochen. Soll es dann aber ein s sein, bedarf es einer cedille, denn andernfalls würde man es k sprechen.

2) Warum ç oder s geschrieben wird, geschrieben wird z.B. coisa (Sache) und nicht coiça lässt sich historisch erklären, was aber praktisch nicht viel nützt. Folglich muss man sich das merken.

3) S ist immer stimmlos und entspricht dem deutschen stimmlosen s.

4) X kann wie s ausgesprochen werden. Bei Fremdwörtern, die später ins Portugiesische importiert wurden, ist es ein /ks/. Z.B. in Taxi, was die ollen Römer ja noch gar nicht hatten. Das k hat sich dann irgendwann in Wohlgefallen aufgelöst und übriggeblieben ist das s, das man aber als x schreibt.

So kommen wir dann zu vier Schreibweisen für das schlichte s. (Kleine Mädchen neigen ja dazu, umständlich mit vornehm zu verwechseln. Ich sag den kleinen Mädchen jetzt mal was. Umständlich ist einfach nur bescheuert.)

Graphem IPA Zeichen Beispiel Übersetzung
s [s] bolsa Tasche
ç [s] braço Arm
ce [s] céu Himmel
ci [s] ciúme Eifersucht


Zwischen zwei Vokalen wird s stimmhaft gesprochen. Das dürfte man aber automatisch so machen, denn ein intervokalisches s stimmlos zu sprechen ist schwierig, denn Vokale sind immer stimmhaft. Ob im Süddeutschen das s tatsächlich vollkommen stimmlos gesprochen wird, bezweifelt der Autor. Es ist lediglich so, dass die Stimmhaftigkeit nicht besonders forciert wird.





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